Culinary Trends bei der AEG Taste Academy mit Christian Mittermeier

Letzten Samstag war ich gemeinsam mit Kerstin von My Cooking Love Affair, Mara von Life ist Full of Goodies, Ex von Lauter Lieblingsstücke, Miri von Miris Jahrbuch und ihrem Uberhusband Michael von Married with Bricks kulinarischen Trends auf der Spur. AEG hatte zur AEG Taste Academy zum Thema „Culinary Trends“ mit Spitzenkoch Christian Mittermeier eingeladen. Nachdem die Taste Academy zum Thema „Nose to tail“ mit Lucki Maurer im Juni ein echtes Highlight war, bin ich natürlich gerne zusammen mit Kerstin ins schöne Speyer gefahren, um mich von Christian Mittermeier auf den neuesten Stand der (kulinarischen) Dinge bringen zu lassen und ein schönes Menü passend zum Workshop-Thema zu verspeisen.


Christian Mittermeier präsentiert den Pizzaburger als Beispiel für Hybrid Food

Glücklicherweise servierte Christian uns keine Pizzaburger von Dr. Oetker, aber sie dienten zur Veranschaulichung eines der fünf von Christian identifzierten Trends, nämlich dem Thema „Hybrid Food“.

Menü bei der AEG Taste Academy "Culinary Trends"

Unser Menü für den Abend las sich glücklicherweise anders, so ganz ohne Pizzaburger! Jeder Gang, abgesehen vom Fingerfood, war passend zu einem kulinarischen Trend gewählt.

Was ist überhaupt ein Trend?


Doch bevor wir uns dem Essen widmeten, definierte Christian Mittermeier erst mal, was ein Trend ist, insbesondere in der Abgrenzung zu einem Hype. Industrieforscher gehen davon aus, dass ein Trend dadurch entsteht, dass Menschen unzufrieden mit etwas sind und etwas ändern wollen. Der Trend entsteht dabei innerhalb einer sogenannten Peer Group und ebbt ab, weil er sich allgemein durchgesetzt hat. Als Beispiel für einen abgeebbten Trend nannte Christian die Regionalität von Lebensmitteln. Das war vor 10 Jahren ein Trend, jetzt ist es schon fast Standard – so bekommt man in den Supermärkten mittlerweile fast überall auch regionale Äpfel, Kartoffeln etc.
Ein Hype ebbt dagegen ab, weil erst einmal alle mitmachen und es dann schlagartig niemanden mehr interessiert. Erinnert ihr euch noch an Bubble Tea? Das war ein kulinarischer Hype.

Kulinarischer Trend Nr. 1: Glokalisierung

 Im ersten Gang widmeten wir uns dem Thema Glokalisierung. Das Wort ist ein neu zusammengesetztes Kunstwort aus „global“ und „lokal“ und der Trend wird nach Christians Ansicht die Regionalität ablösen. Unter Glokalisierung versteht man im kulinarischen Bereich, dass das Beste aus dem lokalen Lebensmittelangebot mit den global verfügbaren Lebensmitteln kombiniert wird. Ich esse auch liebend gerne heimische, saisonale Lebensmittel und schwelge momentan in Kürbissen und habe Walnüsse und Maronen von der Obstwiese meiner Schwiegereltern zuhause. Genauso gerne esse ich aber auch die scharfe Chorizo-Wurst aus Spanien, bestelle mir im Internet Vanilleschoten aus Madagaskar und kaufe Parmaschinken. Und genau das bedeutet Glokalisierung. In gewisser Weise ist es eine Weiterentwicklung der Regionalität – denn nicht immer ist es ökologisch besser, regionale Lebensmittel zu kaufen, zum Beispiel wenn man im Juni Äpfel vom Bodensee kauft – sind die Energiekosten für die Lagerung der Äpfel vom letzten Herbst bis zum Juni wirklich niedriger als die für die Verschiffung chilenischer Äpfel, die gerade Saison haben? Ein interessanter Denkanstoß. Das dazu passende Gericht mit Musmehl von der schwäbischen Alb, Weißlacker (Käse) und Txogitxu, einem Schinken von einer 18jährigen (!) baskischen Kuh, überzeugte auf jeden Fall geschmacklich.

Kulinarischer Trend Nr. 2: Do it yourself


„Do it yourself“, kurz DIY, ist definitiv ein kulinarischer Trend, der bei mir persönlich quasi schon abgeebbt ist – einfach weil er zu meinem Alltag gehört. Ich mache alle meine Marmeladen selbst, ich mache Grillsaucen, Chutneys, Kompotte, Gemüsebrühe etc. selbst, habe einen Wurst-Kurs mitgemacht, verwende keine Fix-für-irgendwas-Tütchen und Fertiggerichte kommen bei mir nicht ins Haus. Aber auch in der breiten Masse der Bevölkerung herrscht ein gewisses Misstrauen gegenüber den Inhaltsstoffen industriell hergestellter Produkte, woraus sich ein Bestreben nach Autarkie – und eben „Selbermachen“ – entwickelt hat.

Eigentlich ein alter Hut, denn meine Oma hat Marmelade und Kompotte natürlich auch selbst eingekocht und sich aus ihrem Gemüsegarten selbst verpflegt. Damals war das aber eher eine Notwendigkeit als ein Vergnügen. Neu am DIY-Trend ist auch, dass neue Methoden eingesetzt werden. Als Beispiel nannte Christian Mittermeier, dass man Marmelade heute auch mit deutlich weniger Zucker und höherem Fruchtanteil im Sous-Vide-Verfahren einkochen kann und so einen noch intensiveren Geschmack ohne Abstriche in der Haltbarkeit erreichen kann. Vielleicht brauche ich doch noch ein Sous-Vide-Becken….? Das dazugehörige Gericht zum DIY-Trend überzeugte mit Lachsforelle, selbst eingemachten Gürkchen und dem von Christian Mittermeier ebenfalls selbst hergestellten Tauberhasen-Mostrich aus Tauberhasen-Honig und Tauberhasen-Verjus.

Kulinarischer Trend Nr. 3: Fermentation


Fermentation (also „Vergären“) ist der dritte kulinarische Trend, den Christian Mittermeier uns vorstellte. Als Beispiel nannte er die zunehmende Verbreitung von Kimchi, dem koreanischen Pendant zum deutschen Sauerkraut, das statt aus Weißkohl aus Chinakohl hergestellt wird. Ich war sehr neugierig auf den zugehörigen Gang, denn bis dato hatte ich Kimchi noch nie gegessen. Und tja, wie das eben manchmal so ist: es war nicht mein Fall. Das hat mich wirklich überrascht, denn Sauerkraut mag ich ziemlich gern. Aber das Kimchi war mir zu vergoren, zu scharf, zu… ich weiß auch nicht. Dazu gab es eine sous-vide gegarte Garnele, deren weiche Konsistenz ebenfalls so gar nicht mein Fall war, sowie Bamberger Hörnla gebraten und als Kartoffelfächer (lecker!), und obendrein noch fermentierte Karotten. Für mich persönlich war das der kulinarische Trend, mit dem ich am wenigsten anfangen konnte.

Kulinarischer Trend Nr. 4: Hybrid Food


Der nächste kulinarische Trend nennt sich Hybrid Food, worunter die neue Kombination von Lebensmitteln oder Zutaten zu einem neuen, eigenständigen Gericht verstanden wird. Paradebeispiel dafür ist der Cronut, die Kombination von Croissant und Donut, oder der eingangs erwähnte Pizzaburger. Die verbesserte Verfügbarkeit von Lebensmitteln und Wissen über ihre Zubereitung ermöglicht mittlerweile ganz neue Kombinationen und ein wildes Ausprobieren. Als dazu passendes Gericht servierte Christian Mittermeier uns einen Ramen Burger mit 48 Stunden sous-vide gegartem und danach geräucherten Pulled Pork. Von Ramen Burgern, also Burgern, die anstelle eines Burger Buns die chinesischen Ramen-Nudeln verwenden, habe ich schon oft gehört und gelesen, es aber noch nie selbst gegessen. Und nun ja, einmal probieren reicht ehrlich gesagt auch, denn die Ramen-Nudeln sind gekocht und gebraten ziemlich hart und ich ziehe meine selbstgemachten Burger Buns als Unterlage für Pulled Pork oder sonstige Burger-Patties eindeutig vor!

Kulinarischer Trend Nr. 5: Misfits

Den 5. und letzten kulinarischen Trend, den Christian Mittermeier „Misfits“ nennt, würde ich eigentlich eher als „Geschmack ist entscheidend, nicht die Form“ bezeichnen. Misfits bezeichnet Obst oder Gemüse, das in seiner Form nicht perfekt ist, z.B. wenn die Sellerieknolle kleiner als aus dem Supermarkt gewohnt ist, die Karotte nicht perfekt gerade ist, sondern zwei ineinander verschlungene Teile hat oder der Apfel nicht perfekt rund gewachsen ist. Solches Obst und Gemüse wird im Supermarkt – und oft auch auf dem Wochenmarkt – gar nicht erst angeboten. Warum? Angeblich, weil der Kunde solche Misfits nicht kauft. Ob aus Bequemlichkeit, weil sich doppelte, ineinander verschlungene Karotten nicht so gut schälen lassen, oder aus sonstigen Bedenken, dass die Qualität angesichts der Optik nicht passt. Jeder, der schon mal eine knubbelige Karotte oder ein etwas aus der Form geratenes Radieschen aus dem Boden gezogen und gegessen hat, weiß: der Geschmack solcher „Misfits“ ist meist deutlich intensiver als der der genormten Karotten und Radieschen aus dem Supermarkt. Also gebt den Misfits eine Chance, denn daraus lässt sich natürlich genauso gut ein Karotten-Dessert in den verschiedensten Texturen herstellen, wie Christian uns beim letzten Gang des Abends bewiesen hat!

Damit ging ein unterhaltsamer Abend voller interessanter Anregungen und Diskussionen zu Ende. Kulinarische Trends sind ja ein Thema, über das sich Food-Blogger endlos unterhalten können und über das ich oft nachdenke.

Ist vegane Ernährung ein Trend? Bzw. generell die Tendenz, sich dogmatisch bestimmten Ernährungsweisen zu unterwerfen, wie z.B. Superfoods, Clean Eating, Paleo, Low Carb etc., und alle anderen Ernährungsweisen als falsch und ungesund abzulehnen?

Ist ein Ende des Burger-Trends in Sicht? In Karlsruhe werden demnächst 2 weitere Burger-Läden eröffnen, werden diese genauso plötzlich wieder verschwinden wie die Bubble Tea-Läden oder werden sie bleiben wie all die Pizzerien? Und was ist mit Streetfood? Vor einiger Zeit fand in Karlsruhe das 1. Streetfood-Festival statt, bei dem gefühlt 80% der Stände Burger anboten und davon wiederum 50% Pulled Pork/Beef/Turkey. Läuft sich das tot? Wo gibt es denn, abgesehen von Streetfood Festivals, in der „freien Wildbahn“ tatsächlich tolles Streetfood in Deutschland? Da dominiert ja wohl immer noch die Pommes&Currywurst-Bude, der Grillhähnchen-Stand oder eine Hot Dog-Station.

Was ist mit Supper-Clubs und Popup-Restaurants? Ist das ein Trend oder nur ein Hype? Und und und.

Ihr merkt schon, ich könnte endlos weiter schreiben – und natürlich interessiert mich, was ihr über kulinarische Trends denkt. Sind euch die genannten Trends auch schon untergekommen? Was seht ihr noch als kulinarischen Trend?

Vielen Dank an AEG für die Einladung zur AEG Taste Academy, es war mir wieder mal eine Freude! Und ein besonderes Dankeschön an Christian Mittermeier für all die Anregungen und den wie immer tollen Austausch.

2 thoughts on “Culinary Trends bei der AEG Taste Academy mit Christian Mittermeier

  1. Das hast du super zusammengefasst, mir spuken viele der Themen seit dem Abend (und manche auch schon seit lange davor) im Kopf rum, ich hab im Moment nur keine Zeit/Lust sie so ausführlich durchzudenken und zu verbloggen, wie ich eigentlich möchte. Vor zu den Hybrid Foods wird es aber sicher von mir bald was geben. 🙂

    Und lecker war's, zumindest das meiste, ne? So von einer Ex-Kimchi-Jungfrau zur anderen. 🙂

    LG Miri

    1. Dankeschön! Ich fand den Abend und Christians Input auch super anregend und habe versucht, meine teilweise auch schon länger wabernden Gedankenströme dazu in diesem Beitrag zu kanalisieren. Bin sehr gespannt auf Deinen Beitrag zum Thema Hybrid Food!

      Und na klar – superlecker war´s 🙂

      Liebe Grüße zurück!

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