Das Küchentagebuch von Nigel Slater [Rezension]

Noch knapp 7 Wochen bis Weihnachten – höchste Zeit, dass ich euch mal ein paar meiner neuesten Kochbücher vorstelle und euch damit Inspiration für den Weihnachts-Wunschzettel liefere, oder? Ich mag ja den Herbst auch deswegen gerne, weil dann die Kochbuch-Neuerscheinungen veröffentlicht werden. Außerdem habe ich im Herbst und Winter mehr Zeit, ausgiebig in meinen Kochbüchern zu schmökern und daraus kochen, als im Frühling und Sommer. Und obwohl ich mittlerweile schon so einige Kochbücher besitze und mein Mann mir ein Kochbuch-Kaufverbot auferlegt hat, ist die Lust auf Neues ungebrochen und es haben wieder einige Neuerscheinungen ihren Weg zu mir gefunden – wie  „Das Küchentagebuch“ von Nigel Slater!
„Das Küchentagebuch. Mit 250 Rezepten durch das Jahr“ ist nach „Tender. Gemüse“ das zweite Buch von Nigel Slater, das ich besitze. „Tender: Gemüse“ hat mir sehr gut gefallen, wie ihr in meiner Rezension lesen konntet. Daher waren meine Erwartungen an „Das Küchentagebuch“ auch recht hoch. Beim ersten Durchblättern habe ich gleich festgestellt, dass im Vergleich zu „Tender. Gemüse“ deutlich weniger Fotos enthalten sind. Und wie der Titel schon sagt: es ist ein (Küchen-)Tagebuch und enthält Nigel Slaters über mehrere Jahre angesammelte Notizen, Gedanken und vor allem schnelle, spontane Rezepte.
Ich muss eine Weile suchen, bis ich drei Rezepte finde, die ich als erstes nachkochen möchte. Meine Wahl fällt als erstes auf ein Aprikosen-Couscous mit Knoblauch, Kardamom und Harissa. Leider bekomme ich den Perl-Couscous, den Nigel Slater verwendet, nirgends und nehme stattdessen Instant-Couscous. Vielleicht liegt es daran, dass das Gericht trotz der Würzung mit Harissa, Knoblauch und Kardamom so langweilig schmeckt, dass ich es noch nicht mal fotografiert habe?
Als nächstes lasse ich mich von einem Salat aus geräuchertem Schinken, Pfirsich und Petersilie zu einer eigenen Salat-Version mit Parmaschinken, Alb-Leisa und Pfirsichen inspirieren. Die Pfirsich-Saison war schon ziemlich am Ende und ihr Geschmack etwas fade, als ich das Rezept ausprobiert habe, aber auch sonst hat mich das Dressing mit Weißweinessig und Créme fraiche nicht gerade umgehauen. Geschmacklich war der Salat in Ordnung, aber nicht überwältigend und ich bin erneut etwas enttäuscht.
Als dritte und letzte Chance für „Das Küchentagebuch“ habe ich schließlich das Rezept für eine Mangold-Feta-Tarte abgewandelt zu einer schnellen Zucchini-Feta-Tarte mit Blätterteig. Und diese Tarte hat mich versöhnt mit Nigel Slater, denn obwohl ich Zucchini statt Mangold verwendet habe, hat die Kombination aus Estragon, Crème fraiche, körnigem Senf und Feta-Käse absolut überzeugt. Klasse!
Und jetzt geht´s ans Eingemachte, ich vergebe wieder 0 (schlecht!) bis maximal 5 Punkte (super!) in den folgenden Kategorien!
Aufmachung/Design: 4/5
Das Küchentagebuch ist ein ordentlicher Schmöker, ganz so, wie ich das mag. Hardcover, mehr als 500 Seiten und ein schönes Cover mit einem herrlichen Apfel-Foto und einem entspannten Nigel Slater mit Bart, Wuschelhaaren und Rollkragenpulli. Das macht Lust, das Buch in die Hand zu nehmen! Leider gibt es nur ein Lesebändchen, aber immerhin. Einen Minuspunkt gibt es von mir für die für meinen Geschmack zu wenigen Fotos im Buch und nach den ersten Seiten stört es mich, dass die Texte nicht chronologisch sind und es viele Zeitsprünge gibt. So stammen z.B. alle Einträge im Februar zwar aus dem Februar, aber aus unterschiedlichen Jahren. Das stört besonders dann, wenn Nigel Slater z.B. von den Umbauarbeiten in seiner Küche erzählt, die im einen Eintrag bereits abgeschlossen, im übernächsten noch  im vollen Gange und in anderen noch Zukunftsmusik sind.
Fotos: 3.5/5
Die Fotos in „Das Küchentagebuch“ stammen wie auch in „Tender. Gemüse“ von Jonathan Lovekin, der seinem natürlichen, ungestylten Fotostil treu bleibt. Leider sind nur wenige Rezepte bebildert und das Buch ist sehr textlastig, noch textlastiger als „Tender. Gemüse“. Die wenigen Fotos sind meist in erdig-dunklen Tönen gehalten und sehr ansprechend. In „Tender. Gemüse“ gab es außer Fotos zu den Rezepten auch viele Fotos aus Nigel Slaters beneidenswertem Küchengarten, die mir sehr gut gefallen haben und die ich im „Küchentagebuch“ irgendwie vermisst habe. Zu einem Küchentagebuch passen doch auch Fotos aus dem Küchengarten, oder nicht? Vielleicht spricht hier aber auch nur das Küchengarten-Fangirl in mir…
Rezepte: 3/5
Der Titel „Das Küchentagebuch“ ist durchaus wörtlich zu nehmen, denn es handelt sich dabei tatsächlich eher um ein Tagebuch mit eingestreuten Rezepten als um ein Kochbuch. Viele Rezepte sind improvisierte Essen und Resteküche, deren Entstehung Nigel Slater auch genau so beschreibt, wenn er z.B. noch Fleischreste im Kühlschrank hat, die er für einen Salat verwendet oder ähnliches. Nigel Slater betont mehrfach, wie sehr er „einfach gutes, bescheidenes, selbst gemachtes Essen“ schätzt und dass die Rezepte in diesem Buch genau darauf abzielen. „Es muss nicht das Großartigste, Weltbeste oder auch nur Erwähnenswerte sein.“ Im Prinzip bin ich da ganz seiner Meinung, denn gerade wer täglich kocht, hat manchmal auch das Bedürfnis, einfach nur ein unkompliziertes Essen auf den Tisch zu bringen. Aber trotzdem sollte der Geschmack dann stimmen und wenn zwei von drei ausprobierten Rezepten mich nicht wirklich begeistern, kann ich in dieser Kategorie leider nur 3 von 5 Punkten vergeben.
Nachkochbarkeit: 4/5
Die meisten Rezepte enthalten Zutaten, die im gut sortierten Supermarkt erhältlich sind und sind in der Zubereitung unkompliziert. Die einzelnen Arbeitsschritte in den Rezepten sind gut und nachvollziehbar erklärt, die Rezepte funktionieren wie angegeben. Einen Punkt Abzug gibt es lediglich, weil ich bei zwei von drei ausprobierten Rezepten kein geschmackliches Erfolgserlebnis hatte!
Kaufempfehlung: 4/5
„Das Küchentagebuch“ ist meiner Meinung nach eher für Nigel Slater-Fans gedacht, die „Tender. Gemüse“ und „Tender. Obst“ schon im Regal stehen haben. Ich hatte zwischendurch immer wieder den Eindruck, als wollte Nigel Slater nach dem Erfolg von „Tender“ zügig ein Nachfolgewerk auf den Markt bringen, was zu Abstrichen bei der Qualität geführt hat. Man merkt, dass das Küchentagebuch nicht chronologisch geordnet geschrieben wurde und es sich dabei um Notizen und Rezeptsammlungen handelt, die sich über mehrere Jahre angesammelt haben. Das erklärt auch die vielen Wiederholungen, wie z.B., dass Bratensäfte und -saucen „nichts Geringeres als ein Schatz“ seien (S. 160 und S. 391) und der wiederholte Hinweis darauf, dass auch gekaufter Blätterteig völlig in Ordnung ist und man Blätterteig nicht zwangsläufig selbst machen muss. Aber andererseits springt auch bei diesem Buch immer wieder der Funke über, wenn Nigel liebevoll von selbst angebauten Bohnen, Pflaumen und den wilden Brombeeren aus Nachbars Garten schreibt. Wenn man „Das Küchentagebuch“ eher als Tagebuch denn als Kochbuch sieht, ist das Lesevergnügen groß und ich kann euch das Buch unter diesen Voraussetzungen wärmstens empfehlen. Wer noch gar kein Buch von Nigel Slater besitzt, sollte sich aber eher „Tender. Gemüse“ oder „Tender. Obst“ zuerst zulegen!
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6 thoughts on “Das Küchentagebuch von Nigel Slater [Rezension]

  1. Ich habe mit meinem Mann ausgehandelt, dass ich für jedes neue Kochbuch 2-3 aus dem Bestand weggebe – das ist auch ein Deal, so trennt man sich von welchen, die doch nicht (mehr) dem Geschmack entsprechen.

    Natürlich habe ich gerade auch wieder einige neue. Mal sehen, ob die sich lange halten. Danke für Dienen Eindruck von diesem Buch.

    1. Ja, so mache ich das mittlerweile auch… immer nach meinem alljährlichen Kochbuch-Jahresrückblick im Dezember sortiere ich die Bücher aus, die mir nicht (mehr) gefallen. So wird zumindest das explosionsartige Wachstum eingedämmt 😉

      Liebe Grüße!

  2. Vielen Dank für die Rezension, Juliane! Ich mag Nigel Slaters unkomplizierte Art zu kochen sehr gerne, zumal ich voe einiger Zeit das Glück hatte, mit ihm zu kochen. Und was der mal schnell aus meinen Spätzle gezaubert hat war echt klasse! Ich habe sein Buch 'Eat', welches ich regelmäßig benutze, um mich inspirieren zu lassen. Aber neidisch bin ich ja schon auf Deine Alb-Leisa: die gibt es hier in London nämlich genausowenig wie es bei Euch den Perl-Couscous (was immer das auch ist ;-))
    Ginger x

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